Wer in der Eigentümerversammlung seine Stimme abgibt, kann diese nicht mehr zurücknehmen, wenn sie bereits dem Versammlungsleiter zugegangen ist. Der Bundesgerichtshof (BGH) argumentierte dazu wie folgt: Ließe man bei einer Eigentümerversammlung einen Widerruf der Stimmabgabe bis zur Verkündung des Beschlussergebnisses zu, könnte die Feststellung eines Ergebnisses insbesondere bei großen Eigentümergemeinschaften erschwert oder sogar unmöglich gemacht werden (Urteil vom 13. Juli 2012, Az. V ZR 254/11).
Es müsse einen Zeitpunkt geben, ab dem der Versammlungsleiter damit beginnen könne, das Beschlussergebnis der Eigentümerversammlung verbindlich festzustellen. Dies sei entsprechend § 130 Abs. 1 S. 1 BGB der Zeitpunkt des Zugangs der jeweiligen Stimme bei dem Versammlungsleiter.
Der konkrete Fall: Die Parteien sind die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Im Juli 2010 stimmten die Wohnungseigentümer bei einer Eigentümerversammlung mit Stimmzetteln über einen Beschlussantrag ab. In dem Antrag ging es um eine Zusatzvergütung für die Verwalterin, die diese für die Aufarbeitung der Verwaltungsunterlagen bekommen sollte. Die Beiratsvorsitzende öffnete die abgegebenen Stimmzettel, während die Verwalterin die ihr mitgeteilten Ergebnisse in eine Excel-Tabelle eintrug.
Auf der Eigentümerversammlung die Meinung geändert
Zwei Wohnungseigentümer, die auf ihren bereits abgegebenen Stimmzetteln zunächst Nein angekreuzt hatten, änderten dies zu einem zwischen den Parteien strittigen Zeitpunkt unter Rückforderung ihres Stimmzettels in eine Ja-Stimme und eine Enthaltung ab. Die Versammlungsleiterin, eine Angestellte der Verwalterin, berücksichtigte die geänderten Stimmen. Sie verkündete, der Antrag sei angenommen, da mehr als zwei Drittel der Wohnungseigentümer für den Beschlussantrag gestimmt hätten.
Das Amtsgericht hatte der hiergegen gerichteten Anfechtungsklage stattgegeben, das Landgericht wies sie ab. Auf die Revision der Kläger hob der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs war der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif. Den Beschluss der Eigentümerversammlung aufgrund des Auszählungsfehlers für ungültig zu erklären komme nur in Betracht, wenn sich bei korrekter Ermittlung des Abstimmungsergebnisses für den zugrunde liegenden Beschlussantrag nicht die erforderliche Mehrheit gefunden hat. Hierzu habe das Landgericht bisher keine Feststellungen getroffen.